Rückzug

Veröffentlichung: 10.08.2022

Rückzug markiert meine bis dahin längste Pause zwischen zwei Studio-Alben. Nach all der Freizeit & der daraus resultierenden Freiheit kehrte die Lohnarbeit in mein Leben zurück, und mit ihr gewissermaßen der vorpandemische Alltag. Ich hatte nicht nur weniger Zeit, Tag & Nacht an Musik zu arbeiten, damit einher ging auch meine Rolle in Gruppen, meinen Bezug zu Menschen und politischem Aktivismus sowie letzlich meiner selbst zu betrachten.

Rückzug ist vor Allem durch Zweifel geprägt – 2020 & 2021 hatte ich viel Zeit, mich aktivistisch zu betätigen, 2022 war mein Alltag wieder vermehrt durch den Dienstplan bestimmt – nach der Lohnarbeit war ich meist einfach müde, und so überschwemmten gelbe Briefe nicht mehr meinen Briefkasten – aber ist das so erstrebenswert? Neben der Tatsache, dass ich zunehmend unzufrieden war mit der Aussicht, ein Zahnrad im System zu werden, war ich von vielen Dogmen und sozialen Normen der Waldbesetzungs- und Klimabubble genervt. Wohin also, wenn eins wenig Sinn & Zukunft im bürgerlichen Leben der Lohnarbeit sieht, wenig Hoffnung in den Aktivismus setzt und sich in entsprechenden Kreisen nicht unbedingt wohl fühl? Am Ende wurde Rückzug, nach mindestens einer verworfenen Sci-Fi Konzeptidee, ein von Zweifeln und Widersprüchen geprägtes Album, das viel Raum für Fragen lässt, aber keine einfachen Antworten liefern kann und will.

Musikalisch bedient sich das Album der selben Mittel wie Verwüstung, ergänzt durch ein paar Midi-Plugins sowie meinem alten Bass, mit dem ich früher bei Leiden gespielt hab. Mit Ardour wurde ich immer vertrauter, daher ist Rückzug besser gemixt als Verwüstung find ich. Insgesamt betrachte ich Rückzug als mein introvertiertestes, selbstkritischstes und emotionalstes Werk. War glaub ich auch eine meiner Existenz-Kriseligsten Zeiten seit meinem Entzug, und daraus resultierte Anfang 2023 auch ein Jobwechsel nach 9 Jahren und der Versuch einer Neustrukturierung meines Lebens.